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Logbuch der Reise mit der Vanya vom 13.05. bis 23.06.2008.
Am 10.5. gibt es ein zünftiges Abschiedsfest. Mara hat einen herlichen Kartoffelsalat gemacht und Grillfleisch eingekauft. Wir lassen es uns schmecken.
Die Kinder kommen zwar in der angemessenen Matrosenkleidung, schlagen sich dann aber lieber in die Büsche.
13.5.2008 Di
Es ist so weit schnell noch zum Tanken, die restlichen Einkäufe erledigt, und dann … Wieder nach Hause! Die vergessene Farbe einladen. Dann aber wirklich „ablegen“ um 10.20 Uhr. In Herford nehme ich Ingfried auf, der nach drei Stunden Fahrt in Lübeck kräftig beim Ausladen hilft. Auch bei der Reparatur des Topplichtes sichert er mich bei der Klettertour in den Mast. Leider hat er keine Zeit, um über Nacht zu bleiben. So ist kein Probeschlag drin. Er fährt und überlässt mich meinem Schicksal. Ist schon ein komisches Gefühl. Jetzt gibt es kein Zurück mehr.
Der Bootsbauer schneidet mir noch zwei Trittstufen zurecht. Ein Tampen und ein paar Knoten, und schon ist die Badeleiter fertig.
14.5.2008 Mi
Ist wirklich alles klargelegt, alles getan? Dann los. 09.00 Uhr ablegen. 10.00 Segel setzen. Im Nordstrang der Trave kann man bei dem herrschenden NO um 4 bft. schon Segeln. Das Boot benimmt sich prima, wenn niemand an der Pinne ist. Einmal in den Wind gedreht, behält es den Kurs bei, als dächte es mit. Um 12.00 Uhr bin ich dann endlich aus den Molen der Travemünde raus, habe die Segel gesetzt und freue mich an der rauschenden Fahrt. Beständig 4 Knoten am Wind bei Windgeschwindigkeit von 17 Kn. Das ist schon mal sehr schön auch wenn der Kurs immer tiefer in die Mecklenburger Bucht führt. Wende kurz vorm Antitschen am Leuchtturm. Und nun die Genua gesetzt, denn der Wind bläst nur noch mit 14 Kn. Zwar hat er etwas geraumt, aber für das Kap beim Schwarzen Grund reicht es nicht. Da es inzwischen 14.00 Uhr ist und noch 15 Meilen bis Großenbrode vor mir liegen, wenn ich nicht schon in Grömitz anlegen will, schmeiß ich den Motor an und schiebe mich um die Ecke. Bis dahin hatte ich an den 5 Meilen von Grömitz bis Schwarzer Grund bereits zwei Stunden gekreuzt. Und jetzt brauche ich noch gut eine Motorstunde bis zur Ecke. Ich finde mich jetzt blöd Warum nur habe ich so lange gezögert? Um 17.30 Uhr ist das Kapp geschafft. Nun läuft die Vanya. Für die restlichen 10 Meilen bis Großenbrode braucht sie 2 Std. 30. Zwischendurch schlucke ich jede Menge Pillen, gegen 18:00 Uhr noch eine Ladung Haferflocken, damit der Magen beschäftigt ist, es schaukelt ganz schön. Gut zum Angewöhnen.
15.5.2008 Do
Um sieben Uhr bin ich auf den Beinen. Frühstück erledigt um 8 Uhr. Ich muss noch einkaufen. Da ist eine Werft. Vielleicht schweißen die mir den Bugkorb? Nein tun sie nicht, aber dahinter ist eine Schlosserei. Die Leute kann ich überreden „mal eben“ den Bugkorb anzuschweißen. Gesagt getan. 1 ½ Stunden braucht der Mann immerhin. Man merkt, dass ihm seine Arbeit Spaß macht. Er findet hier noch etwas und da noch etwas und zum Schluss versieht er die Schweißnähte, die ich inzwischen geflext habe noch mit einem Zinkanstrich. 70 Euro kostete das. Da drängt sich die Überlegung auf, ein Schweißgerät aus dem Baumarkt zu kaufen. Mehr hatte der Monteur auch nicht dabei. Mit den Nacharbeiten dauert das Ganze bis 14 Uhr. Nun aber raus hier! Obwohl schon den ganzen Morgen kaum Wind war. So ist es auch draußen. Aus 4 Kn Wind macht Vanya immerhin 2 Kn Fahrt. Kein Gedanke dran, die 32 Meilen nach Gedser oder die 40 Meilen nach Strynö in Angriff zu nehmen. Nackt segeln ist angesagt. Die Sonne brennt heiß vom Himmel. In Burgtiefe ist um 14.30 Uhr Schluss. Ein ausgiebiger Rundgang soll mich an die Quelle eines infernalischen Lärm führen, der von Zeit zu Zeit über den ganzen Ort klingt. Ich vermute ein motorisiertes Karussel. Leider finde ich nichts. Vielleicht ist um 17 Uhr Feierabend? Um 2200 Uhr bin ich in der Falle. Beim Seewetterbericht schlafe ich bereits ein.
16.5.2008 Fr
Um 0600 bin ich bereits wach. Kein Wunder bei so solidem Lebenswandel. Also zur Toilette, Duschen und Rasieren – um 0620 liege ich wieder in der Koje. Sie lockte sooo sehr. 7:30 Uhr zweites Aufstehen. Frühstück usw. Die Morgenroutine spielt sich langsam ein. 0900 Uhr, die Vanya passiert die äußeren Tonnen von Burg Tiefe. Oliver Sandkühler auf Srynö hat zwar auf meine Mail geantwortet, sein Telefon war aber nicht eingeschaltet. Jetzt ist das eh egal. Der Wind kommt aus NW. Mit ganzen vier Knoten ist er zwar sehr schwach, aber die Richtung stimmt. Also auf nach Gedser. 0945 bin ich immer noch westlich Staberhuck. Die Gammelfahrt von 2,5 Knoten bin ich leid – Maschine an. Um 10:00 Uhr an Staberhuck bewahrheitet sich mal wieder, dass sich der Wind an der Huck ändert. Diesmal zu meinen Gunsten. 10 Kn Wind aus NW, später bis zu 13 Kn. Das ist Kurs halber bis raumer Wind. Nun zeigt sich endgültig, das man auf einer Stahlyacht mit einem Magnetkompass wenig anfangen kann. Erst der Trick mit dem Klebestreifen oben auf der Sprayhood bringt einigermaßen Erfolg. Die Deviation ist jedoch immer noch enorm. Bis zu 25° Ausgleich muss ich berücksichtigen.
1245 am Kiel-Ostsee-Weg. Die großen Pötte sind wie immer beeindruckend. Bei weiter 10 Kn Wind aus NW macht die Vanya Fahrt. Das freut. Wetterbericht von DP07 wahrscheinlich zum letzten Mal vor der Rückkehr aufgenommen.
Staberhuck von Osten |
Haste Töne, der lässt sich schieben |
Bei uns diskutiert man noch, ob die Zugvögel nicht gestört werden, da haben die Dänen bereits 72 Windräder allein in diesem Park. |
Um 17:30 ist die Ansteuerungstonne Gedser erreicht. Um 18:00 Uhr die Leinen fest. |
17.5.2008 Sa
Um sieben Uhr kommt im Waschraum der Waschlappen erstmalig zum Einsatz. Duschmarken gabs nicht. Auch beim Frühstück gibt’s mit dem Aldi-Müsli eine Primiere. Lecker!
1015 Gedser ist gerundet, Wind aus NW 10 Kn. Fahrt nach Logge 3,5 Kn nach GPS 4 Kn. Meistens stimmen die Angaben aber überein. Es kann sich also um eine momentane Fehlanzeige handeln. Die leichte Bewölkung empfinde ich nach den Tagen praller Sonne als sehr angenehm. Zwar brauche ich im weiteren Verlauf immer wärmere Sachen, da der stetige Wind mich langsam auskühlt, aber es ist mal was anderes.
1105 Seewetterbericht auf MW 1269. Die Deutsche Welle erzählt mir, dass ich vier Windstärken aus West zu erwarten habe. Mag ja sein, aber um 12 Uhr werfe ich erst mal die Maschine an. Die Schleichfahrt mit 2 Kn schafft nichts weg. Kaum geschehen, erfüllt sich 20 Minuten später die Vorhersage. Also Maschine aus. 1305 Maschine an. 1325 Maschine aus. Dann läuft es stetig mit mehr als drei Kn. Um 1630 flaut der Wind wieder so stark ab, das ich gemütlich auf die Toilette gehen kann und danach den Moppel anschmeiße. Mit den 4,5 Kn unter Motor mit Segelhilfe werde ich gegen 1900 Uhr in Klingt Holm sein. Später möchte ich auch nicht, daher bleibt der Motor nun an. Also habe ich heute drei Stunden den Motor laufen gehabt. Um 1930 sind die Leinen fest.
18.05.2008 So
0600 Uhr Die Blase drückt. Bis der Hafenmeister kassieren kommt, sind es noch drei Stunden. Also Porta-Pump benutzt und raus aus dem Hafen in den von Mara versprochenen Sonnenschein. Der kommt wirklich und das mit 8 Kn Schiebewind, aus dem die Vanya 3.5 Kn Fahrt macht. Die Kreidefelsen von Mön sind noch beeindruckender, als die von Rügen. Im Morgenlicht erstrahlen sie am besten.
Nach dem Kap von Möns Klingt ist es dann aber vorbei mit der Herrlichkeit. Der Wind kommt direkt aus 330°. Mit Ziel liegt in 330°. Also kreuzen. Macht nichts, bin ja früh dran und das Schiff läuft am Wind mit stetigen 4 Kn Fahrt. Erst mal Frühstücken. Leider gibt es unter Segeln nicht auch noch heißen Tee. Um 1000 zweites Frühstück, wieder ohne Tee. Um 1200 drittes Frühstück (Mittagessen?). Jetzt kommen die ersten Zweifel, ob das, was ich hier veranstalte denn so richtig ist. Von den 20 Meilen habe ich immerhin 4 geschafft. Und ewig kommt der Wind aus der falschen Richtung. Dabei war doch für den Nachmittag eine Westdrehung versprochen. Statt dessen kommt er zeitweise aus östlicher als Nord. Wenn ich mich darauf eingestellt habe, dreht er wieder zurück. So geht das Spiel endlos weiter. Um 1730 werfe ich den Motor an, der bis zum Festmachen der Leinen in Rödvig um 1930 an bleibt.
19.05.2008 Mo
Um acht Uhr ein, wenn auch teures Duschbad genossen. Wind ist so gut wie keiner. Die Richtung als umlaufend schwach angekündigt. Also Hafentag. Gestern war es stressig genug. Einige Reparaturen verkürzen mir die Zeit. Was täte ich bloß ohne meine Begeisterung für die Bastelei? Der einsetzende Regen erlaubt mir festzustellen, dass das Vorluk sehr undicht ist. Na da haben wir ja wieder was zu tun. So, geschafft. Vorluk ist dicht dank Pattex. Da läuft Wasser ins Lebensmittelchap. Wo das wohl herkommt? Nachdem das ganze Vorschiff innen auseinander genommen ist, ist klar: Der Trinkwassertank muss undicht sein. Also dichten. Viel Zeit braucht auch das Malen eines Preisschildes. Sieht zwar sehr behelfsmäßig aus, hat mir aber schon einmal gute Dienste geleistet. Mal sehen. Nervig ist der Flugrost. Man kann ihn zwar fast ganz fortwischen, aber ich hege den Verdacht, wenn ich zurückkomme ist das Schiff uni rostbraun.
So geht mit dem Einkaufen der Tag eigentlich sehr befriedigend vorbei. Auf eins bin ich besonders stolz. Für mein Pumpklo brauche ich eine Bürste. Im Coop ist auch schnell eine gefunden. Die hat aber normale Ausmaße. Für meine Zwecke also viel zu groß. Wenn ich die aufstelle, geht der Abdeckung nicht mehr zu. So nehme ich eine Haushaltsbürste und stelle sie in einen abnehmbar an die Wand montierten Plastikbecher. Das Rot der beiden beißt sich zwar etwas, aber was solls!
20.05.2008 Di
Ein Hafentag ist genug. Heute geht es weiter. Zwar ist „Wind wenig bis frischer Wind“ angesagt, ohne das sich die Information darüber auslässt, aus welcher Richtung. Aber das macht nichts. Wenn kein Wind weht, bzw. die Fahrt unter 2,5 Kn sinkt habe ich mir vorgenommen, den Diesel zu benutzen. So werden es dann auch sechs, der sieben Stunden Fahrt, die der Motor an bleibt. Am Kap von Rödvig vorbei, dessen Kirche im Morgenlicht sehr imposant ist, geht die Fahrt quer über die Köge Bucht. Hier gibt es auffällig wenig Schiffsverkehr. Die Wassertiefe von weniger als 10 Metern verhindert den Verkehr größerer Schiffe. Warum auch kaum Yachten auf meinem Kurs sind, errate ich erst viel später. Gegen 16 Uhr sind die Leinen in einem Vorort von Kopenhagen fest. Wegen der veralteten Karten des Cmap bin ich in eine Sackgasse geraten, die vor einer festen Eisenbahnbrücke endet. Die Brücke ist für meinen Mast viel zu niedrig. Glück im Unglück: direkt vor der Brücke sind an Backbord einige Segelclubs. Bei einem von ihnen kann ich für die Nacht liegen. Da brauche ich auch nichts zu bezahlen. Ein Mitglied fragt auch noch wie viel Personen an Bord sind und kommt kurz darauf mit einer Duschmarke zurück. Frank vom Vorstand ist ein ganz netter. Er bringt mich zum Einkaufen in die Stadt und wieder zurück. Bei einer Tasse Tee und Gebäck klönen wir dann noch ein nettes Stündchen. Die Siteseeing-Tour werde ich morgen mit dem Boot nachholen. Frank hätte mich zwar auch in die Stadt gefahren, aber mir war nicht mehr danach. Mir wurde schlecht vom Autofahren.
Nun dann werde ich mal früh zu Bett gehen, denn morgen muss ich wegen des Verfranzens einen Umweg von ca. 10 Seemeilen machen.
21.05.2008 Mi
Um 0930 schieb mich der Diesel aus der Box. Dabei bleibt es quasi den ganzen Tag. Lediglich eine Pause von 1150 bis 1225 ist dem Maschinchen vergönnt. Der Regenschirm tritt wieder als Sonnenschirm in Aktion. Eigentlich eine langweilige Fahrt – wenn da nicht die diversen interessanten Problemchen zu bewältigen wären. Zunächst stellt sich die Frage, ob ich unter der Brücke über den Sund hindurch muss, oder ob ich westlich davon bleiben kann. Das kläre ich durch einen Anruf bei Frank. Ihm gratuliere ich herzlich zum Geburtstag, worüber er sich sehr freut und mir so nebenbei erzählt, dass ich westlich der Bücke am Fahrwasser entlang kann. Elegant gelöst, finde ich. Danach erhebt sich das Problem, in welche Einfahrt zum Kopenhagener Hafen muss ich denn nun. Das Navi bietet mir unendlich viele, ohne mir aber zu sagen, zu welchem Hafenbecken das jeweils gehört. Das blöde Teil verrät mir nicht einmal, dass ich vor Kopenhagen bin. Lediglich die schemenhafte Erinnerung von vor 26 Jahren hilft hier weiter. Wo ist bloß das Kartenmaterial von damals geblieben? Inzwischen staune ich über die Wirkung des baltischen Stroms. Durch den Sund läuft ja das Wasser der vielen Flüsse, die in die Ostsee münden hinaus. Das ergibt theoretisch 1Kn Schub. In meinem Fall sind es jedoch nur 0,7 – 0,8 Kn.
Gegen 1400 beginnt dann die kleine Hafenrundfahrt. Wenn man am teuersten Hafen Langelinie vorbei ist (ca 85 € pro Nacht), braucht man nur zu schauen, wo sich die Touristen sammeln und die Japaner ihre Kinder fürs Foto hochhalten, um die kleine (sehr kleine) Meerjungfrau zu finden. In diesem Jahr ist sie sogar ganz. Es fehlt kein Kopf und auch kein Arm. An den anderen Prachtgebäuden der Stadt geht es vorbei. Ihre Bedeutung kann ich nicht einmal erraten. Kulturbanause, der ich bin, habe ich keinen Reiseführer dabei.
So ist die Stadtrundfahrt gegen 1530 beendet. Ich bin wieder draußen und nach Verlassen der Hafenausfahrt hat der Diesel gegen 1545 endlich Feierabend. Zwar ist der Wind auch jetzt nicht berauschend, aber das Ziel ist nahe. Die übernächste Ansammlung von Masten soll mein Übernachtungsort sein. Herrlich, wie im Abendsonnenschein die Vororte von Kopenhagen an mir vorbeiziehen, während mich eine leichte Brise über das spiegelglatte Wasser schiebt. Hier am Ufer wohnen die ganz Reichen. Jedenfalls macht die villenartige Bebauung mit vielen Häusern aus der Gründerzeit sehr den Eindruck. Wie sich herausstellt, ist Skovshoved Havn meine nächste Station. Eine reine Wohnstadt im Speckgürtel von Kopenhagen. Außer einem geschlossenen kleinen Lädchen, finde ich nur eine Pizzeria. Auch ein weiter Marsch durch die Straßen ändert den Eindruck von gepflegter Wohlhabenheit nicht. Die Häuser sind zwar überwiegend im Wochenendhausstil gehalten, sind aber dafür entschieden zu groß. Vor den Vorgärten mit den frisch geschnittenen Grünflächen stehen Autos der sehr gehobenen Mittelklasse. Nur Arbeit dürfen die Gärten scheinbar nicht machen. Kaum einmal ein Blumenbeet, oder eine Staude. Arbeiten tun die Bewohner ja wo anders.
22.05.2008 Do
0815 Leinen los und Segel gesetzt. 0830 Maschine wieder an. Sonst kommen wir nie nach Göteborg. Gegen 0950 bin ich den Lärm mal wieder leid. Maschine aus und Pinsel raus. Das Steuerborddeck wird neu angemalt. Die Farbe soll 3 Stunden brauchen, bis sie staubtrocken, und 3-4 Tage, bis sie trittfest ist. 1040 Motor an. 1135 Motor aus. Wind aus NW. FüG 2,5 Kn. Man freut sich ja schon über Kleinigkeiten. Gerade habe ich, wie eigentlich nicht anders zu erwarten, das frisch gemalte Deck betreten. Dabei konnte ich zu meiner Überraschung feststellen, dass das Deck nicht nur bereits staubfest ist, nein auch mein Tritt hat ihm nichts ausgemacht. Also Pinsel wieder hergekriegt und das restliche Deck in Angriff genommen. 1330 vor Helsingör ist das Deck fertig. Maschine an.
1400 Es bläßt kräftig aus NO. Ca 3-4 Windstärken und kräftiger Seegang bedeuten a. kreuzen und b. Decksanstrich hinsichtlich Wasser testen. Aber die Vanya läuft schön. Mit bis zu sechs Knoten fliegt sie über die Wellen. Der Schnitt liegt immerhin bei 5,4 Kn.
1700 vor Viken (wie sich später herausstellt) werden die Segel für den Landfall geborgen. Kaum sind sie unten und Fender und Leinen bereit gelegt, da stottert der Motor und geht aus. Kein Sprit mehr? Kann sein. Schnell nachfüllen. Trotzdem arbeitet die Maschine nicht. Also Großsegel wieder hoch. Unter Segel in einen fremden Hafen wollte ich schon immer mal. Die Einfahrt ist verdammt schmal und liegt genau in Luv. Also etwas ausholen, um einen längeren Streckbug zu bekommen. Ja was ist das? Gleich neben der Fahrrinne rummst es. Rudolf und Matthias hatten mich doch mehrfach vorgewarnt, dass die Untiefen in Schweden nicht aus Sand sind. Auf so einem Felsen sitze ich nun oben drauf. Also Segel runter und gestakt. Geht zum Glück. Segel wieder hoch und jetzt mit knappsten Schlägen in den Hafen. Bei einer freien Box, komfortabler Weise sogar mit Boxleine, bekomme ich den Achterpfahl zu fassen. Gerettet! Um 1730 sind die Leinen fest. Um 2000 Uhr läuft der Motor wieder. In den letzten 2 ½ Stunden haben wir uns ein bisschen kennen gelernt. Jetzt weiß ich auch wieder wie Diesel schmeckt.
23.05.2008 Fr
Keine Dusche, kein Müllbehälter, kein Hafenmeister – kein Hafengeld. Vor dem Auslaufen repariere ich noch das Liekbändsel der Genua. 0930 Uhr raus. 1000 Uhr Maschine an. 1220 in Nähe des ersten Kaps Maschine aus. Jetzt zeigt die Vanya wieder was in ihr steckt. Aus gemessenen 8 Kn Wind (3bft) macht sie locken 4,5 Kn Fahrt. Später frischt der Wind noch ein bisschen auf, da bleibt die Fahrt im Schnitt wieder bei 5,5 Kn So ist bereits um 1420 das 12 Seemeilen entfernte 2. Kap erreicht. Schluß machen? Über die nächste Bucht sind es doch nur noch 15 M. Bei der Fahrt drei Stunden. Pünktlich um 1730 sind wir da. Nach einem weiteren kleinen Schlickrutscher, weiß ich, dass in Hamstad die kleinen roten Tonnen nicht nur für die Großschiffahrt gelten. Die Einfahrt zieht sich sehr lang hin. Ein Schild kündigt Gastplads direkt in der Stadt an. Gastplads waren gestern auch angekündigt. Das sind doch die, die umsonst sind? Darüber klärt mich der feundliche Hafenmeister um 1830 auf, als er mir hilft, die Leinen festzumachen. 200 Kronen, wenn auch nur schwedische. Aber wenigstens die Dusche ist mit drin.
Hamstad macht auf mich einen sehr lebhaften Eindruck. Im Zentrum sitzt man fröhlich in den diversen Straßenrestaurants beim Abendessen und lässt es sich auch sonst wohl ergehen. Das Ganze macht den Eindruck einer Touristenhochburg im mediterranen Raum. Allerdings ist das Publikum vollständiger und eleganter gekleidet. Doch irgend wann fällt mir auf und ab jetzt achte ich drauf – tatsächlich, während des ganzen weiteren Stadtbummels entdecke ich niemanden, der so alt ist, wie ich oder gar älter erscheint.
24.05.2008 Sa
Oh Tücke des Objekts. Heute morgen entdecke ich, dass ich Internetanschluss habe, wenn ich nur den Rechner aus dem Boot nehme und an Land hoch genug stelle. Nach zwei Stunden weiß ich, dass es trotzdem nicht so einfach ist, vom Ausland aus Mails zu verschicken. Der ftp-Anschluss geht gleich gar nicht. Bleibt nur das mühsame Hochladen einzelner Dateien. Dazu habe ich nur für die reine Worddatei Lust. Das geht auch nur über den Anschluss eines benachbarten Deutschen, Herrn Sulzmann, der so freundliche ist, mich auf sein Boot zu bitten und seinen Computer zu benutzen. Darüber sind dann drei Stunden ins Land gegangen. Statt morgens um neun Uhr auszulaufen, stehe ich erst um 1200 an der Tankstelle und versuche den Automaten zu überreden, mir Diesel herauszurücken. Irgendwann macht er das auch und ich freue mich über 25 getankte Liter zum Preis von über 30 €.
Nun aber los. Der versprochene Ostwind ist da. Das verspricht Schiebekurs. Nach kurzer Zeit brennt die Sonne schon wieder so sehr, dass ich mir etwas einfallen lassen muss. Ein Küchenhandtuch als Kopfbedeckung hilft sehr. Vorbei geht es an den lieblichen schwedischen Küstenlandschaften, die überall mit diesen hübschen bunten Häuschen gesprenkelt sind. Gegen drei Uhr macht der Wind dann praktisch eine Kehrtwende, statt aus Ost kommt er nun aus NW und frischt auch noch bis zu 6 bft auf. Segelwechseln und auf die Kreuz . Mamma, ich will nicht nach Amerika. Sei ruhig Kind, schwimm weiter. Gegen 1730 bin ich es leid und habe mich eingedenk der gestrigen Ausgaben – Orgie zum Ankern entschlossen. Zudem kommt der Wind nun auch noch wieder aus Ost. Trotzdem, eine schöne Bucht bietet sich an. Leider rutsche ich mitten drin schon wieder über den Schlick. Also Maschine an und in den drei Meilen entfernten Hafen Falkenberg. Hier werde ich draußen vor der Stadt in einem Clubhafen freundlich empfangen und kann zu moderaten 60 Kronen übernachten. Den Stadthafen habe ich wohl gesehen, aber eingedenk der Preise von gestern rechts liegen lassen. Vielleicht ist morgen ein Stadtbesuch drin?
25.05.2008 So
Nein heute auch nicht. Mich drängt es nach draußen. Der Ostwind treibt mich auf Raumschotkurs schön voran. Um 1030 habe ich bereits zwei Stunden und zehn Meilen hinter mir. Da bietet sich ein Hafen an der Huk an. Hier könnte ich zum Einkaufen anlegen. Gedacht getan. Im Laden stelle ich fest, dass ich "ausnahmsweise" vergessen habe, das Geld einzustecken. So kann ich die Sehenswürdigkeiten des Ortes, Glommen steht auf dem Kassenzettel, zweimal genießen. Beim Ablegen unter Segeln mache ich einen blöden Fehler, der zu zwei Remplern mit dem Steg führt. Doch weder Vanya, noch den Stegen macht das etwas. Auch heute dreht der Wind im Verlauf des Tages von Ost auf genau West, um dann am Abend wieder zurückzudrehen. So sind die zwanzig Meilen bis Varnberg bereits um 1700 uhr geschafft. Hier habe ich dann wohl die Welt der Schären erreicht. Jedenfalls machen die riesigen Basaltbuckel, die wie behäbige Wale aus den Fluten auftauchen auf mich den Eindruck. Äußerst betrüblich: einer dieser Basaltbuckel springt plötzlich hinter der Genua hervor. Zum Glück noch in gerade genügend Abstand. Der war nicht im CMap verzeichnet. Auch die genaue spätere Nachschau ergab nichts anderes. Also ist das CMap leider doch nicht in allen Einzelheiten zuverlässig.
Merkwürdig, hier in Varnberg müssten sich doch die Gezeiten bemerkbar machen. Doch jetzt, um 2030 Uhr liege ich noch genau so hoch am Steg wie vor dreieinhalb Stunden. Und das ist kein Schwimmsteg!
26.05.2008 Mo
In Varnberg gibt es mal wieder keinen Hafenmeister. Die Nottoilette ist allerdings offen. So habe ich das bisschen schnell erledigt. Um 0645 sind die Leinen los, um 0710 sind die Hafenmolen achteraus. Der Himmel ist bedrohlich bedeckt. Doch es regnet nicht. Genieße ich also mal den Tag ohne Sonne. Es wird zwar schnell kalt, da der Wind ständig Anforderungen an die Körperheizung stellt, aber dagegen kann man sich ja anziehen. Die Fahrt durch die Welt der Schären ist doch sehr spannend. Die Sicht draußen ist sehr schwer mit dem Kartenbild des Potters in Übereinstimmung zu bringen. Am Nachmittag verkürzt mir ein Boot die Zeit, das plötzlich da ist und auf annähernd gleichem Kurs liegt. Das Rennen nehme ich auf. Allerdings muss ich nach 1 ½ Stunden doch anerkennen, dass der andere mich ausgesegelt hat. Hoffentlich war das kein Vokeboot! Nach über 10 Stunden bin ich um 1700 in Donsö. Ein Hafenbüro ist nicht zu entdecken. Dafür bekomme ich Spiritus.
27.05.2008 Di
Endlich bekomme ich eine schwedische Gastlandflagge. Mit Adapter für die das Kabel (Schuco auf Euro) und einigen Pinseln bin ich gleich wieder 260 Kronen los.
0915 Ablegen. Weiter geht es durch den Schärengarten. Wenn ich gestern schon gewusst hätte, das ich nur noch 10 Meilen bis Göteborg zu segeln habe, hätte ich das gerne noch geschafft. Die Navigation verläuft jetzt schon viel entspannter. So langsam habe ich mich eingesehen. Wenn ich in der Wirklichkeit eine bedrohliche Felsformation sehe, ist sie auf dem Kartenplotter oft noch gar nicht drauf. Man muss also sehr genau hinsehen, um zu beurteilen, ob eine Schäre bereits in bedrohlicher Entfernung ist, oder nicht. Um 1400 parke ich in einem kleinen Hafen abseits des riesigen Fahrwassers in Göteborg für einen Stadtbummel. Doch wie sich herausstellt, befindet sich das Zentrum nicht hinter der Burg, die heute ein Hotel ist. Viel mehr bin ich hier erst in einem Randgebiet, mit sehr vielen Arbeiterschließfächern und riesigen Bürogebäuden. Also lege ich um 1440 bereits wieder ab. Die weitere Stadtdurchfahrt ändert das Bild kaum. Überall moderne Bauwerke, die den Eindruck machen, in den 50er Jahren entstanden zu sein. Eine über Jahrhunderte gewachsene Altstadt kann ich vom Boot aus nicht entdecken. Fast am Ende der Durchfahrt fällt ein großes Gebäude auf, das von Weitem den Eindruck eines Legohauses macht. Davor liegt ein Oldtimer, zum Hotel umgebaut. Ein rechter Schickimicki – Hafen lockt schicke Yachten an. Mich nicht. So bin ich auch schon raus aus Göteborg.
Nun geht es in den Trollhättenkanal. Der Trollhättenkanal ist eigentlich nichts anderes, als das ausgebaute Flussbett der Göta Alv, dem Abfluss des Vätternsees. So muss ich gegen 1 Knoten Strömung fahren. Da der Wind auch noch aus Norden kommt, alles mit Maschine. Die ist heute mal wieder glatte sechs Stunden in Betrieb.
Das man die Fahrbahnmarkierungen hier sehr ernst nehmen muss, habe ich heute gelernt. Sie stehen oft sehr weit im Fluss. So fahre ich zum Teil hinter den Dalben in größerer Nähe zum Ufer, um der stärksten Strömung zu entgehen. Bis es dann plötzlich knallt, das Schiff steht und ich fliege in den Niedergang, wo mich die Sprayhout mit einem Kantenschlag gegen den Hals „rettet“. Nach kurzer Kontrolle scheint das Schiff noch in Ordnung zu sein. Das war die vierte Grundberührung auf dieser Reise. Gleiches passiert am Nachmittag noch einmal, wenn auch nicht ganz so dramatisch. Das war die fünfte Grundberührung. Und die sechste folgt sogleich. Die Tücken eines Strömungshafens lerne ich in Kungälv kennen. Gleich unterhalb der Festung stecke ich im Schlamm und anschließend quer vor den Achterpfählen der anderen Boxen. Nun ist der Flaggenstock ca. 8 cm kürzer, aber sonst sind wir wohlauf, denn der Schlamm ist weich.
Einfahrt Göteborg |
Das Burgschloss am Eingang Göteborgs. Heute ein Hotel |
Die Festung von Kumgälv um 2135 aufgenommen |
Ein hübscher Straßenzug |
28.05.2008 Mi
Die Festung dieses kleinen Örtchens ist schon wirklich imposant. Jedenfalls von außen. Da noch keine Saison ist, kommt man nur nach Voranmeldung hinein. Jedenfalls nicht zwischen Waschgang und Trocknerbefüllung im nahebei liegenden Wandererheijm. Leider habe ich den Trockner falsch eingestellt. So kommt die Wäsche noch feucht heraus. Der Apparat ist auch durch Zugabe von weiteren Münzen nicht zu überreden, die Trocknung fortzusetzen. So dekoriere ich mein Schiff mit diversen Dessous. Die Wartezeit wird mir nicht lang. Im Rahmen der 750 Jahr Feier der Festung sind etliche Jugendliche angerückt, um den Tag mit spielerischen Wettkämpfen zu begehen.
Anschließend geht es hinaus auf dem Strom. Südwind! Segeln?! Ist leider nicht, der Wind reicht gerade für 2 Kn Fahrt. Davon bleibt wegen des Stroms nur ein Kn über Grund übrig. Trotzdem haben wir die 35 Km bis Lilla Edet mit der ersten Kanalschleuse bis 18.30 geschafft. Ein Ankermanöver zwischendurch erlaubt mir zwar das Schwimmen, lehrt mich aber wieder einmal, dass ein Klappdraggen nicht wirklich als Anker zu bezeichnen ist. Das Baden allerdings hat Spaß gemacht.
29.05.2008 Donnerstag
Von Lilla Edet (kein Service, kein Hafengeld) bis Trollhättan sind es nur 23 Km. Schon wieder kein Wind zum Segeln. Die Genua habe ich wegen der besseren Übersicht gleich ganz weggepackt. Auch die Sprayhoud ist runtergeklappt. Die Kühle des Fahrtwindes ist heute sehr angenehm. So geht es durch die sich langsam ändernde Landschaft. Waren gestern und vorher die Industrieomräde vorherrschend, so entdecke ich jetzt zwischendurch langwirtschaftlich genutzte Flächen. Im Gegensatz zu Deutschland und erst recht zu Holland werden die Flächen hier allerdings sehr extensiv bewirtschaftet. Was angebaut wird, habe ich jedoch nicht herausgefunden. Lediglich einmal schien es mir Sommergetreide zu sein. Sehr angenehm fällt auf, dass der Gestank der Gülle total fehlt, obwohl hin und wieder Vieh auf der Weide steht. Meist ist die Landschaft aber „ungenutzt“. Durch diese „Wildnis“ geht es stundenlang, bis einem plötzlich die Juno entgegenkommt.
Der Schleusenvorgang selbst ist sehr einfach. Reinfahren, an der Leiter festhalten und warten bis man oben ist. Das ist nicht anders, als im Mittellandkanal. Die Schleusen am Main-Donaukanal sind wegen ihrer enormen Hubhöhe noch weit beeindruckender. Aus der letzten Schleuse der Treppe komme ich erst heraus, nach dem ich 775 Kronen (ca. 83 €) Kanalgebühren berappt habe.
In Trollhättan finde ich einen Motorservice. Dessen Mechaniker soll in einer Stunde kommen, um einen Ölwechsel durchzuführen. Die Zeit reicht für den Einkauf von Postkarten und einer Preepaidkarte. Nun kann ich zwar ohne Roaminggebühren telefonieren, muss mir die Ansagen aber auf schwedisch anhören. Der Monteur ist leider noch nicht da. Zeit zum Schreiben der Karte an Vera. Schließlich soll sie zum Geburtstag ja Post haben. 1600 Uhr. Der Monteur kommt erst morgen um 1000. Das ist mir zu dumm. Schnell auf die andere Flussseite, um die Karte einzustecken und weiter. Einen Postkasten habe ich zwar nicht gefunden, aber die Windex von der Mastspitze gebrochen, weil ich zu sehr auf die Wassertiefe geachtet, und darüber nicht an die überstehenden Bäume gedacht habe. So langsam habe ich den Eindruck, dass ich das Schiff ganz schön ramponiert zurückbringen werde.
Um 1830 lege ich mit einem ganz normalen Stegspalter in Vänersborg an. Der Ort ist wirklich zwischen Kanal, Göta Alv und Vänernsee eingeklemmt. In den Straßenkaffees, am Hafen und so, sitzen die Leute um 2130 fröhlich schwatzend und trinkend in der sommerlichen Sonne.
Der Postkasten wurde bereits um 1600 Uhr geleert. So ist es nicht mehr wahrscheinlich, dass Vera die Karte bis Sonntag hat. Schade.
Damit ist der Trollhätte Kanal erledigt. Im nachhinein muss ich von einer erlebnisreichen Fahrt sprechen. Wahrscheinlich hätte eine Crew noch mehr Urlaubsspaß. Da gäbe es zum mindestens die Möglichkeit, zwischendurch mal über Bord zu springen und sich zu erfrischen. Auch ein Schläfchen hier und da, wäre schön gewesen. Noch einmal? Ja, aber in anderer Richtung.
30.05.2008 Freitag
Das war vielleicht ein schöner Segeltag! Von Vänersborg geht es zunächst unter Maschine los. Dann die endlos lange Einfahrt hinaus. Wind gab es auch. Bei 4,5 Kn Fahrt maß ich 4,5 Kn Wind von vorn. Heiß fiel mir ein, dass ich mich ja drei Werktage vorher in dem Kanalbüro melden sollte. Der Anruf klärt, mit der Abfahrt am Montag wird das nichts mehr. Für Mittwoch werde ich eingetragen. Also habe ich jetzt jede Menge Zeit, die Fahrt über den Väner, für die ich drei Tage gerechnet hatte, in fünf Tagen zu schaffen. Um 1100 beginnt folgerichtig der Genuss. Maschine aus und Segel hoch. Egal wie schnell. Irgendwo werde ich schon ankommen. Der Wind pendelt sich auf stetige 2-3 Knoten ein. Das reicht der Vanya wieder für eine zügige Fahrt, wenn auch nicht in die Richtung NO. Die „Landschaft“ könnte gut mit der Ostsee verwechselt werden. Weite Wasserfläche, fern am Horizont ein paar Felsen mit Bewuchs. Das kennen wir ja schon. Angenehme Temperaturen, kühlender Fahrtwind, Vanya läuft am Wind allein, Skipper genehmigt sich ein Schläfchen. Urlaub eben.
Nach ausgiebiger Kreuz mache ich gegen 1800 in Dabergsa fest. Dabergsa besteht scheinbar nur aus einem riesigen Campingplatz mit Bootsanleger. Der Platz ist in dieser Vorsaison noch ziemlich leer. Nur ein paar Dauerkämper sind da oder trudeln fürs Wochenende so langsam ein. Allerdings wundert mich, wie die vielen Leute mit einer Dusche, einer Toilette und einer kombinierten Dusch- Toilettenzelle zurecht kommen sollen. Die Wohnwagen sind zwar alle recht groß, Aber ob darin überall eine entsprechende Nasszelle ist? In der Vergangenheit hat Dabersa seine Bedeutung durch eine Festung erhalten, die an der Mündung des kleinen Fjordes lag. Mit ihr sollte die Grenze zwischen zwei Schwedenreichen befestigt werden. Die Festung bestand aber nur 30 Jahre, dann wurde sie erobert und zerstört.
31.05.2008 Sonnabend
0845 Ablegen. 0915 Maschine aus Schrubber und Pinsel raus. Vanya braucht dringend eine Ganzwäsche. Außerdem sind mir im Laufe der letzten Tage wieder neue Roststellen aufgefallen. Ja, ja der Stahlbootskipper wird nicht umsonst an dem Farbeimer erkannt, den er ständig in der Hand hat. 1110 Maschine wieder an. Irgendwo wollen wir heute ja noch ankommen. 1230 Maschine aus. Es ist wie gestern. Der Wind kommt später, aber er kommt. Auch heute muss wieder gekreuzt werden, denn die Durchfahrt von Kallandsö liegt genau in Windrichtung. Abends dann wird es spannend. Die Welt der Schären hat mich an der Norspitze von Kallandsö wieder. Ohne den Gps – Kartenplotter auf Veras Laptop hätte ich mich das nicht trauen können. Dazu reicht die Karte für den Götakanal einfach nicht aus. Zudem hätte es dann unbedingt noch eines zweiten Menschen am Steuer gebraucht. So aber könnte ich fast unten vor dem Laptop sitzen und mit langem Arm eben noch die Pinne bedienen. Doch ich möchte ja auch etwas von der Gegend sehen.
Dann ist es so weit. Das erste Anlegen an der Felseninsel mit Heckanker steht an. Das klappt auf Anhieb. Der kleine Rutscher über die Steine ist ja schon fast normal. Nun liegt die Vanya ruhig wie auf dem Dorfteich. Lediglich die nahe Fahrrinne mit dem heimkehrenden Bootsverkehr und die Besatzungen der auf der anderen Seite versammelten Motorflotte durchbrechen die absolute Stille.
01.06.2008 Sonntag
Um 0600 Uhr ist die Nacht zu Ende. Seltsame Geräusche dringen an mein Ohr. Das ist doch nicht etwa Stein an Stahl? Nein ganz so ist es nicht. Doch der Wind hat über Nacht gedreht und kommt heute Morgen erst mal aus SW. Dadurch liegt die Vanya mit der Steuerbordseite nach Luv und mit der Backbordseite auf Legerwall. Wie ich da herauskommen soll, weiß ich noch nicht. Nach dem Frühstück ist alles ganz einfach. Vorleine los. Mit dem Heckanker von den Steinen runterziehen. Anker auf. Mit dem Motor von den Steinen ziehen. Da muss es noch andere Möglichkeiten geben!
Eingedenk der zu verbummelnden Zeit zieht das Boot nun bei leisestem Windhauch gemächlich auch durch die engste Stelle zwischen den Inseln. Die Durchfahrt ist gerade mal 7 m breit und auf beiden Seiten mit Betonmolen eingefasst. Von diesem Sahnestückchen Segelei möchte ich Vera etwas abgeben. Die hat ja heute Geburtstag. Am Telefon beschreibe ich ihr meine Situation. Sie erfasst messerscharf: „Das ist doch schön.“
Das Schloss Lackö, das ich während des Telefonats ansteuere, ist leider in Renovation. Trotzdem sehr imposant. Die 1298 erbaute Wehrburg der Bischöfe von Skarö, ist noch sehr gut erhalten und dient heute kulturellen Veranstaltungen.
Eigentlich wollte ich ja ganz in den Süden dieser Bucht nach Lidköping. Aber bei dem SW – Wind lasse ich mich treiben. Er treib mich nach Honsäter. Eigentlich ist das nur eine riesige Fabrik mit Anleger auch für Kümos. Den Rucksack umgeschnallt und los geht die Wanderschaft. Ein anderer Ort, Hässiter, liegt direkt dahinter. Hier pulst das Leben. Scheinbar wird ein Kunstmarkt veranstaltet. Eine ganze Straße lang sind kleine Doppelhäuser als Kunstgewerbeläden eingerichtet. Nach dem Besuch etlicher, weiß ich: hier werde ich keine Mitbringsel erstehen. Die ausgestellten Westen, Holzschalen, Drahtschmuck, Halstücher, Schaffliese und Trollpüppchen sind ja ganz schön. Aber überzeugend finde ich keine davon. Ein Trollpüppchen für die Kinder? Das könnten sie so schon irgendwo ins Regal setzen und dort verstauben lassen. Eine Holzschale für uns um Brötchen etwas netter darzubieten, wenn Besuch da ist? Na ja, ich hätte die Schale nicht schöner machen können, hätte dafür allerdings keine 250 € genommen.
Im COOP nahebei finde ich dann die Lebensmittel deren Einkauf der eigentliche Zweck meines Besuchs sind.
Nach einem kurzen Genuss der Vorführung der örtlichen Tanzmariechen, werfe ich die Leinen wieder los. Wär ja schön, wenn ich noch einen Abend in den Schären verbringen könnte. So wird es auch. Die Insel Onsö bietet mir mit einer nur nach Süden offenen Bucht einen angenehmen Ankerplatz. Heute bin ich schlauer. Wenn das boot nur vor Anker liegt, nach allen Seiten frei schwoien kann, gibt es hoffentlich keine Probleme. Also Anker auf 2,5 m Tiefe gehängt und so weit gefahren, bis er fasst. Gute Nacht!
02.06.2008 Montag
Tatsächlich der Anker geht um 0745 auf, ohne irgendwelche Geräusche des an Fels nagenden Bootes o. Ä. Gut 1 ½ Stunden später lege ich in Mariestad an. Der riesige Turm der Kirche ist schon von weitem zu sehen und lässt auf eine ebensolche Kirche schließen. Die ist dann aber von innen zumindest gar nicht so groß. Die gotischen Spitzbögen sind nicht so hoch ausgeführt, um den Bögen ihre sonst übliche Eleganz zu verleihen. Sie wirken gedrungen, was der Kirche den Charakter einer Hallenkirche gibt.
Ansonsten ist Mariestad wie erwartet ein Mittelzentrum. Eine große Fußgängerzone mit mehren Marktplätzen laden zur Shoppingtour. Nach dem Mittagsschläfchen im Hafen und dem erneuten Versuch das Altöl aus dem Motor zu bekommen, stehe ich dann vor der Frage: bleiben oder nicht? Einerseits locken die Duschen und der Stromanschluss, andererseits die Buchten rundum. Letztere gewinnen. Noch einmal ankern, König sein in einer Bucht für mich ganz alleine. Um 1700 Uhr ist der Anker südlich der Insel L. Lambar im Grund und ich im Wasser. Herrlich!
Und dann steht plötzlich der Elch da! Vor dem Felsen, auf dem ich vorhin gestanden habe, präsentiert er sich in voller Lebensgröße. Die ganze Nacht über höre ich immer wieder das Rufen. Muum, muum, muum, muum.
03.06.2008 Dienstag
Der letzte Tag in Freiheit bricht an. Gestern Abend hatte ich noch um die Insel herum verholen müssen, da ein heftiger Wind mich vor Legerwall legte. Das kommt mir nun zu Gute. Ohne Probleme geht der Anker auf. Es ist 0845 Uhr. Durch die Schären hinaus in das Fahrwasser ist unter Segeln schon eine kitzlige Sache. Aber alles geht gut. Gegen Mittag vor der Brücke Östersundet briest es bis auf 6bft auf. Das möchte ich meiner Genua nicht mehr zumuten, also Segel wechseln. Auch unter Normalfock macht die Vanya bei dem Wind ordentlich Fahrt. 5,5 Kn lese ich in der Spitze ab.
Den Sund hinauf geht es dann sehr hart am Wind. Da kommt mir die Idee, die Fock weiter innen zu führen. Nicht umsonst haben die Holländer hier eine zweite Schotführung angebaut. Und siehe da, das Boot läuft noch besser. Vor allem die Wenden gehen so einfacher. Um 1430 bin ich dann um die beiden grünen Tonnen am NO – Ausgang des Sunds angelangt, von nun an geht es in Rauschefahrt nach Sjötorp.
Sjötorp sollte nach dem Willen v. Platens, dem Erbauer des Götakanals, eine große Zentrale werden. Aus der geplanten Großstadt wurde nichts. Die hier angesiedelten Verwaltungseinrichtungen der Kanalgesellschaft hatten nicht genug Anziehungskraft. So ist der Ort auch heute noch sehr klein. Ein Feriendorf halt. Wenn auch die Häuser sehr gesellig angeordnet sind, los ist hier wirklich nicht viel. Nach dem Anlegen treffe ich gerade einen Schleusenwärter beim Schleusen eines Bootes an. Er bietet mir an, auch mich noch eben zu schleusen, dann könne ich „free parking“. Das Angebot nehme ich gerne an.
Da ich nach Büroschluss gekommen war, kann ich mich erst morgen anmelden. Ein Stegnachbar ist so freundlich, mir eine seiner Keycards für die Toilette zu überlassen. Eigentlich wollte ich ablehnen und nur für morgen früh darum bitten. Aber dann nutze ich doch mal wieder die warme Dusche. Dabei merke ich, dass das Handtuch müffelt. Also wird die Waschmaschine angeworfen, während ich diese Seiten tippe. Mal sehen, wie es diesmal mit dem Trockner klappt.
04.06.2008 Mittwoch
Früh um 0800 Uhr bin ich fertig, Um 0830 Uhr löhne ich im Klarierungsbüro die Kanalgebühren. 3800 SKR! Wie ich später erfahre darf ich durch 9,3 teilen. Dann geht es los. Ich schere in die Reihe der heute Morgen geschleusten Boote ein. Zu viert sind wir in der Schleuse, ein Däne, ein Schwede, ein Amerikaner und ein Deutscher. Diese Gruppe wird wohl auch die nächsten Tage zusammenbleiben.
Dann die erste Schleusung. Von diesen Schleusen und ihren Innenströmungen hat man ja schon Schreckliches gehört. Entsprechend ist die Aufregung. Doch die legt sich bald. Beim Einfahren in die Schleuse werde ich gefragt, ob ich allein sei. Darauf hin wird mir die Achterleine abgenommen, an Land um einen Poller oder durch einen Ring gelegt und mir zurückgegeben. Danach werfe ich die wurfbereit aufgeschossene Vorleine so weit hoch, dass die nette junge Dame sie fangen kann. Nach der Befestigung übergibt sie mir das Ende zurück und lässt selbst erst los, wenn sie sieht, das ich zugegriffen habe. Gute Ausbildung. Offenbar reist die Schleusenmannschaft mit uns mit. Immer die gleichen Jungs und Mädels erwarten uns an der jeweils nächsten Schleuse. Als dann die Besatzung wechselt, ist die Nachricht, dass ich allein bin, scheinbar schon weitergegeben. So ist das ganze kein Problem.
Zur Landschaft und dem Reiseerlebnis ist anzumerken, dass ähnlich wie in Deutschland auch, wir nur Sicht ins Land haben, nachdem gerade geschleust wurde. Dann verläuft der Kanal zunächst über dem Landesniveau zwischen Dämmen. Später frisst sich der Wasserspiegel immer tiefer in das Land hinein, so dass keine Fernsicht möglich ist. Wenn man etwas sehen kann, kommt mir der Spruch eines anderen Seglers in Erinnerung. „Götakanal ist schön. Wie in Oberbayern.“ Die wellige Landschaft mit der überwiegend landwirtschaftlichen Nutzung lässt tatsächlich solche Analogien zu.
An diesem Tage schaffen wir 19 Schleusen. Die Brücken nicht mitgerechnet. Gegen 1800 Uhr ist im Gasthafen Törboda Schluss. Feierabend, bis Morgen um 0900 Uhr.
05.06.2008 Donnerstag
Pünktlich 10 vor neun brummen die Motoren und die Leinen sind los. Da kann ich noch etwas warten. Bis die ersten durch die Brücke sind, schaue ich noch nach dem Diesel und dem Motoröl. Dann aber hurtig. Nach der Brücke zeigen alle Boote, dass sie einen ordentlichen Motor haben und beschleunigen auf die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit von 5 Kn. Meine Maschine schafft in Marschfahrt gerade 4,5 Kn. Also bin ich der Langsamste. Das haben die Schleusen und Brückenwärter schnell gemerkt. Sie warten mit dem Öffnen der Brücke, bis die kleine blaue Vanya passend ankommt. So schnurre ich mit meiner unverminderten Marschgeschwindigkeit zwischen den anderen hindurch. Als ich bei der Brücke bin, ist diese gerade so weit auf, dass ich durchfahren kann. Nach dem zweiten Mal haben die anderen begriffen. Jetzt überholt mich keiner mehr.
Die Landschaft hat sich nicht verändert. Auch das Wetter nicht. Ständig benötige ich den Regenschirm – als Sonnenschirm. Auf dieser Teilstrecke passieren wir die engste, in den Fels gesprengt Stelle, die zugleich auch die am höchsten gelegene ist. Nach ca. 20 km sind wir in Tatorp angekommen. Die dortige, handbetriebene Schleuse hebt uns die letzten 20 cm zum Viken See hoch. Nun haben wir endlich wieder freies Wasser, aber der Wind fehlt. Zum anderen sollen wir bis 1530 Uhr in Forsvik sein. Also muss der arme Motor uns auch über den See schieben. Kurz vor Forsvik passiert es dann wieder. Ich träume gerade davon wie viele Meilen ich doch schon auf dem Buckel habe und dass das hier doch eigentlich Zuckerschlecken ist – da knallt es und das Schiff steht. Man sollte die Bojen auch an der richtigen Seite nehmen. Nun passe ich wieder besser auf. In Forsvik warten die anderen schon auf mich. Auf dem See konnten sie ihre PS nicht halten. An der Schleuse steht, inzwischen ein Industriedenkmal, die älteste stählerne Hubbrücke Schwedens von 1813. Hier bewältigen wir die erste Abwärtsschleusung. Vorsichtshalber übergebe ich die Leinen mit einem Palsteg am Ende. Das erweist sich als richtig. Bei den 3,5 m Fallhöhe hätten meine Leinen doppelt nicht ausgereicht. Nur kann man auf diese Weise natürlich nicht allein klarkommen. Aus der Tiefe der Schleuse ist es nicht möglich, die Knoten oben zu lösen. Gott sei Dank gibt es aber auch hier helfende Hände. Ab Forsvik haben wir keine Schleuse und keine Brücke mehr bis Karlsborg. Also kann ich endlich den Motor ausschalten und in der leichten Nachmittagsbrise das absolut stille dahin Gleiten in dieser sonnendurchglühten und doch noch frühjahrsgrünen Kulisse des Botten Sees genießen. So komme ich erst ½ Stunde nach den anderen in Karlsborg an. Leider sind alle Plätze am Gaststeg belegt, so dass ich nach mehreren Versuchen erst in der letzten Ecke ein Plätzchen finde. Das funktioniert auch nur, weil Vanya so klein ist.
06.06.2008 Freitag
Hinter Karlsborg wartet der Vättern. Die anderen Boote meines Konvois bleiben hier, um sich auf dem See zu vergnügen. Leider kann ich mir das nicht leisten. Wenn ich den Fahrplan einhalten und um 1600 Uhr in Motola an der Brücke und den anschließenden Schleusen sein will, muss ich mich ranhalten. Doch das macht Spaß. Wind aus Südost, das Ziel in NO, da läuft die Vanya. So bin ich bereits um 1500 Uhr in Motola. Eine Stadt mit 27000 Einwohnern und seit der Erbauung des Kanals Standort für einige Schwerindustrie. Hier wurden die Schleusentore und –Beschläge gefertigt .
Hallenkirche in Motola. Holzbau |
Die Geschäftshäuser der Stand zeugen von reger Wirschaft. |
Heute ist Feiertag in Schweden. Da wollen alle draußen sein |
Dann die Schleusentreppe von Borensgard. |
So imponierend sieht sie von Oben ja gar nicht aus |
Von unten ist das schon was anderes. |
Mit der letzten handbetriebenen Schleuse des Kanals werden wir auf den Borensee entlassen |
So fügt sich eine beschauliche Bucht an die andere. |
07.06.2008 Samstag
Heute haben wir ein Mammutprogramm. Erst ca. 10 Meilen Kanal. Dies ist das längste Teilstück das ohne Schleuse auskommt – bis zu der Schleusentreppe von Berg hier werden auf einen Rutsch 16 Schleusen durchfahren. Danach hat man wirklich Routine. Die letzte Schleuse spuckt uns auf den Roxen aus. 16,7 Meilen ist der See lang. Am Ende liegt Norsholm, das wir um 1900 Uhr erreichen sollen um die Schleusung zu erwischen. Für mein kleines Boot ein Ding der Unmöglichkeit. Der Wind kommt mit sechs bft. mal wieder genau von vorn. Also Segel raus und das beste daraus gemacht. Herrlich wie die Vanya unter Normalfog aufkreuzt. Natürlich wird der Wind gegen Abend schwächer. Also ist für die Genua auch noch Arbeit übrig. Schließlich schläft der Wind ganz ein. Für den letzten Rest brauche ich sowieso den Motor, da das Fahrwasser zum Kreuzen zu eng wird. So sind erst gegen 2200 Uhr die Leinen fest.
08.06.2008 Sonntag
Um 0700 Uhr ist die Nacht wie immer zu Ende. Heute treibt mich die Frage um, ob ich denn auch rechtzeitig zum Start der anderen durch die zwei Brücken und die Schleuse komme. Den ersten Anruf auf Kanal 9 probiere ich um 0800 Uhr. Keine Antwort. Etwas später ist auf Kanal 9 Funkverkehr. Also probiere ich es noch einmal. Keine Antwort. Um 0845 mache ich mich auf den Weg um in dem Gasthafen, den ich gestern hätte erreichen sollen, eventuell jemanden zu finden. Da begegnet mir ein Auto mit einer attraktiven jungen Frau darin. Sie trägt ein gelbes Tschirt, die Uniform der Schleusen- und Brückenwärter. Darüber hinaus winkt sie mir beim Einparken auch noch zu. Na also, alles geklärt. Hinter den beiden Brücken und der Schleuse wartet mein Konvoi schon mit laufenden Motoren vor dem nächsten Hindernis. Nun geht es in schon bekannter Manier durch Bücken und 16 Schleusen durch die Landschaft von Östgötadelen. War der Kanal vorher doch meistens so hoch gelegen, dass man die Landschaft weit einsehen konnte, verläuft er jetzt streckenweise im Tal. Jedenfalls kann man an jeder Schleuse sehen, das es noch weit bergab geht.
Plötzlich wird der Konvoi langsamer. Ich kann den Grund nicht genau ausmachen. Sollten sie wirklich auch klug geworden sein, und sich meiner Geschwindigkeit angepasst haben? Eigentlich kaum zu glauben, denn sie haben mich schon vorher gebeten doch etwas schneller zu fahren und sind, als das nicht geschah an mir vorbeigedüst. Ein ganz kluger CoSkipper meint mir auch noch zeigen zu müssen, wie und wo man festmacht. Eben dieser so überaus freundliche Bigboss weist mich aus der nächsten Schleuse mit viel Geschrei wieder hinaus. Ich soll unbedingt einem anderen Boot den Vortritt lassen. Das ist zwar unverständlich, aber man ist ja hilfsbereit. Wie sich herausstellt liegt der Grund darin, das dieses Boot einen Motorschaden hat und nun hilflos treibend auf die Schleuse zuhält. So geht es halt mit einer Gruppenfahrt, irgendwo ist immer was los. Am Nachmittag mache ich dann in Söderköping fest. Damit schere ich aus diesem Verband aus. Die restliche Stunde Kanalfahrt mache ich Morgen in „Einzelanfertigung“. Da ist nämlich die Kanalsaison eröffnet.
Jetzt nutze ich noch schnell die Möglichkeiten von Söderköping zum Einkauf und zur Wäsche. Mal schauen, was der Trockner hier so drauf hat. Der Schlafanzug, den ich herausgenommen habe und an Bord aufgehängt habe, ist bereits trocken, da hat der Trockner noch nicht richtig losgelegt.
09.06.2008 Montag
Heute ist der Tag der Katastrophen. Zunächst hat mich die ganze Nacht der Wind genervt. In so einem Stahlschiff werden die Geräusche doch noch ganz anders übertragen, als in einem GFK – Boot. Dabei baute sich ein sehr bedenkliches Gefühl auf, wenn ich an meine Ostseeüberquerung dachte. Trotzdem sollte es um 0900 Uhr losgehen. Leinen los und rüber zur Schleuse, mal gucken, was sich da tut. An der Schleuse tut sich nichts. Dafür tut sich in der Vanya um so mehr. Der Überhitzungsalarm des Motors heult los. Kann das denn sein? Schnell Maschine aus und überlegen. Gestern Abend habe ich doch erst den Wasserfilter nachgesehen. Sollte ich vielleicht das Schlauchventil nicht wieder richtig geöffnet haben? Tatsächlich. Der Motor heult aber weiter. Vielleicht doch der Impeller? Nein der scheint in Ordnung zu sein. Da weiß ich mir keinen Rat mehr und bestelle einen Service, der verspricht „during the day“ vorbeizuschauen. In der Zwischenzeit komme ich auf die Idee, in den Wasserfiltertopf hineinzuschauen, wenn der Motor läuft. Da müsste eigentlich strömendes Wasser zu sehen sein. Ist aber nicht. Vielleicht ist das Seeventil verstopft? Nach einigen Bewegungen des Ventilhebels hat sich noch nichts geändert. Da kommts mir. Der Ventiltopf ist über der Wasseroberfläche angebracht. Wenn also die Wasserpumpe saugt und der Deckel nicht ganz sauber schließt, saugt die Pumpe Luft durch die Ritzen des Deckels! Also Deckelnut säubern und sehr fest wieder aufschrauben. Zusätzlich lege ich den Filter etwas tiefer, damit das Ansaugen leichter geht. Es funzt! Zwar kommt die Maschine noch längst nicht auf die alte Leistung hustet immer wieder Ruß aus dem Auspuff, aber sie läuft.
Sie läuft die restlichen fünf Meilen nach Mem. Hier ist der Kanal teilweise spektakulär in die Felsen gesprengt, die auf der einen Seite 10, 20 Meter hoch aufsteigen. Auf der anderen Seite sinkt das Gelände ab. In Mem übergebe ich noch schnell das ausgeliehene Buch an die Schleusenwärterin, dann lege ich an, mache den Motor aus und setze in aller Ruhe die Segel. Nun beginnt ein traumhaft schöner Törn im strahlenden Sonnenschein durch die Schären. Platt vorm Laken mit bis zu 7 bft fliegt die Vanya nur so dahin. Welche Insel darfs denn sein? Hier die kleine niedliche, oder doch lieber die etwas größere? Wem wohl der Postkasten gehört? Hundert Einschnitte locken zum Erforschen. Doch leider keine Zeit, muss noch weit. Abends lässt dann der Wind nach. Mit den letzten Brisen suche ich mir einen schönen Ankerplatz. Hier liegt eine Boje. Also festgemacht, Hose runter und rein ins Wasser. Danach die abendliche Meldung zu Haus. Ein ordentliches Essen schließt einen ereignisreichen Tag ab.
10.06.2008 Dienstag
Um 0640 kündigt der Wetterbericht nichts Gutes an. SW 6-7 in Böen 8. Genau so kommt es. Auf den Spuren von Rudolf und Matthias segelnd, habe ich so viel zu tun, dass ich nicht einmal ein Foto zu Stande bringe. Zunächst lässt sich ja alles noch ganz harmlos an. Der Himmels ist zwar bedeckt, aber es ist warm. Tagsüber kommt dann wieder die Sonne durch.
Vorsichtiger Weise habe ich gleich die Normalfock gesetzt. Mit der Windrichtung aus SW komme ich gut klar. Mein Kurs führt nach Süden. Ich überlege schon, ob ich nicht doch die Genua setzen soll, da fällt eine Böe nach der anderen ein und der Wind wird stärker. Schließlich muss ich das Groß reffen. Das gelingt nicht zur Zufriedenheit, Das Schmerreep ist falsch angeschlagen. Daher zieht das Segel nicht richtig und sorgt in der Böe für ordentlich Krängung. Schließlich ist es soweit, dass ich um das Material bange und die Fock wegnehme. Das Knatternde Groß macht nervös. Also Mittagspause. Um 1245 werfe ich die Vorleine um einen Stein, nachdem der Heckanker im Grund ist. Eigentlich ist diese Art des Festmachens für meine Zwecke Unsinn. Ich will ja nur verschnaufen, einiges Richten und dann weiter. Nach dem Mittagessen weckt mich mein lieber Bruder aus dem Schläfchen. Bis ich das Telefon gefunden habe ist er nicht mehr dran. Der Rückruf ergibt die Mitteilung, dass der Teilnehmer zur Zeit nicht erreichbar ist.
Um 1430 laufe ich unter sauber gerefftem Groß und Sturmfock aus. Das geht prima, bis die behelfsmäßig geschorene Vorschot bricht. So ankere ich um 1510 in der nächsten Bucht. 1530 der nächste Versuch. Jetzt hält alles. Selbst bei bis zu 34 Kn Wind läuft die Vanya an der Kreuz. Um 1640 sind dann die Leinen in Fyruddens fest.
Jetzt bekommt der Motor endlich sein neues Öl. Natürlich nicht ohne ein ausgiebiges Ölbad für den Skipper. Dann rutscht der Schlauch vom Wasserfilter und ich stelle fest, das man das Wasser gar nicht mittels des Seeventils abstellen kann. Was geschieht, wenn der Schlauch unbemerkt abrutscht? Na ja Krimis zu lesen ist angenehmer.
11.06.2008 Mittwoch
Heute morgen hänge ich um 0640 Uhr am Radio. Wind SW 6-7 später nachlassend wird angesagt. Na dann lass ich mal das Reff im Groß, setze aber die Normalfock. Dabei bemerke ich, dass der Klabautermann sich die Tasche für die Sturmfock geholt hat. Um 0710 Uhr geht es los. Mal wieder muss ich feststellen, dass ich ohne den Laptop und Kartenplotter ziemlich Mühe hätte. Die Ausfahrt aus dieser Bucht hatte ich ganz wo anders vermutet. Da wäre ich schön hin und her gefahren. Nachdem ich mich orientiert habe, stelle ich fest, dass sich auch der Kompass verabschiedet hat. Wieder 30 € zum Teufel. Ja wenn man sich auch vornimmt, ihn neu zu verkleben und das dann vergisst…
Bei dem Wind wird heute Strecke gemacht. Hier mit halbem Wind bzw. am Wind, zeigt die Vanya wieder was in ihr steckt, wenn sie nur genug Wind bekommt. 4 – 6,5 Kn FüG lese ich auf dem Computer ab. Gegen 1200 Uhr wird Mittagspause gemacht. Kurz in die Bucht, Anker in den Grund – hups da kam ein Felsen zu nahe. Macht nichts, da kommt ein Fender dazwischen. Kurz nachdem das Foto gemacht ist, geht ein Regenschauer nieder. Das erste, seit über drei Wochen. Auch dabei reicht es man gerade zum Anfeuchten. Essen kochen, Abwaschen, Mittagsschläfchen. Um 1300 Uhr bin ich wieder unterwegs. Der Wind nimmt noch einmal zu. Ein Reff ins Groß und weiter. Nach ca. 50 Meilen mache ich die Leinen in Händelöps fest. Hier darf ich an der Dieseltankstelle festmachen. Strom gibt es auch, aber sonst nichts. Kein Wasser, die Toilette ist ein Herzelhäusel, dessen Inneres ich mir gar nicht erst antue. Im Hafen liegen fünf Fischkutter und ein paar kleine Arbeitsboote und die Vanya. Gegen 2200 Uhr klopft mich ein sehr junges Mädchen aus dem Bett. Sie hält mir eine Quittung unter die Nase und murmelt etwas von Hamnavgift. Nun wird es lustig. Ich habe kein Geld mehr und sie nicht die Möglichkeit, meine Kredigkarte zu nehmen. Schließlich will ich ihr für die 75 Kronen einen 10 Euroschein geben, da tritt ihr Vater (?) auf den Plan und gibt mir zwei Eurostücke zurück.
12.06.2008 Donnerstag
In diesem traulichen Hafen hält mich nichts. So bin ich bereits um 0815 Uhr unterwegs. Die Navigation wird nun schwieriger. Fahrwasser mit zum Teil nicht mehr als 10 Meter breiten Nadelöhren. Da muss man ganz schön aufpassen. Da ist eine rote Tonne, eigentlich an Stb zu lassen. Aber die bezeichnet ja nur eine Untiefe von 5,9 m da kann ich abkürzen. Doch halt, was ist das? In dem Kringel der Untiefe ist ja noch ein winzig kleines schwarzes Kreuz. Das wäre dann fast Vanyas Schiffsfriedhof geworden. Eine andere Schwierigkeit: Wenn man so unterwegs ist, möchte man sich ja auch mal in aller Ruhe und Gemütlichkeit auf sein stilles Örtchen verkriechen. Normaler Weise wird dazu beigedreht, die Zeitung geschnappt (wenn eine da wäre) und dann sitzt man da, bis zum Erbrechen. Das geht beigedreht ziemlich schnell. Wie aber in Fahrwassern die höchstens mal 100 m freien Raum bieten? Na man macht halt schneller!
Um 1710 Uhr mache ich in Oscarshamn fest. In 3 ½ Tagen habe ich ein Drittel der Heimreise geschafft. Wenn das so weitergeht, bin ich in acht Tagen zu Hause. So langsam wird es auch Zeit.
Orscarshamn ist eine mittelgroße Industriestadt. Die aber einen etwas verschlafenen Eindruck macht. Sie hat Fährverbindungen nach Öland, zur Jungfraueninsel und nach Bornholm. Der nette Hafenmeister steht zwar sofort da, um zu kassieren. Als er aber hört, das ich kein Bares habe, gibt er mir trotzdem die Toilettenkarte. Das Bezahlen mache ich dann nach meinem dritten Stadtbesuch. Da habe ich endlich an alles gedacht. Telefonkarte Seekarte, Brot, Müsli, Milch, Cola und Kekse sind aufgefüllt und endlich auch die Geldbörse.
13.06.2008 Freitag
Bei 3 bft Wind aus Süd richte ich mich auf einen ruhigen und langweiligen Tag unter Motor ein. Dem ist auch so, bis etwa 1300 Uhr. Der Wind dreht auf Ost. Also Genua raus, Großsegel gesetzt. Die Fahrt ist zwar nicht berauschend, aber der Mensch freut sich der Stille. Dann wird das Boot immer langsamer. Der Grund - eine unheimliche Dünung steht gegenan. Zunächst kann ich mir keine Erklärung denken. Doch dann kommt sie. Der Wind dreht wieder auf Süd und nimmt an Stärke zu. Ständig über 20 Kn teilweise sogar 26 Kn sind mir eigentlich zu viel. Segel wechseln in Meter hohen Wellen, wollte ich mir doch nicht mehr zumuten. Und der Wind nimmt weiter zu. Die Wellen überschütten das Boot vorn mit Gischt. Steigt der Bug hoch, schwabbt hinten das Wasser auf das Achterschiff. Nee, jetzt such dir einen Nothafen. Öland ist näher. Da sieht es ja auch nach einer Stadt aus. Vielleicht gibt es auch einen Hafen? Navigieren ist jetzt nicht mehr drin. Unter Land werden die Wellen schwächer. Jetzt kann ich feststellen, dass der Hafen Borgholm ist. Also rein. Bootshaken wegwerfen und wiederholen, Fender verlieren. Stegplatz wechseln – das alles dauert seine Zeit. Um 1800 Uhr sind die Leinen endgültig fest.
Borgholm ist die Touristenstadt auf Öland. Die imposante Festung ist schon von weitem zu sehen. Hier macht der König Sommerurlaub. Der Wagen vor der Imbissbude ist allerdings wohl nicht seiner. Die Schweden scheinen ein verbreitetes Faible für solche Schlitten zu haben. So viele wie in den letzten Wochen hier, habe ich bei uns noch nicht gesehen.
14.06.2008 Samstag
Gestern ist es spät geworden. Beim Tippen des Logbuchs, stellte ich fest, dass Internetanschluss möglich ist. Gegen 2330 war endlich alles fertig und hochgeladen.
So schlafe ich heute bis 0800 Uhr. 140 Kronen inklusive Internetanschluss ist nicht zu viel Hafengeld. Um neun sind die Leinen los. Den Wind nehme ich mal wieder aus dem Dieseltank. Um 1100 Uhr scheint es so, als wenn Maras Vorhersage, Wind um drei von West, wahr wird. Aber bereits eine halbe Stunde später ist die Herrlichkeit wieder vorbei. Soweit Wind vorhanden ist, kommt er aus SSW. Viel Arbeit für den Motor. Nach 18 M ist die Brücke, die Öland mit dem Festland verbindet, erreicht. Zum Glück brauche ich nicht auf die Öffnung der Brücke zu warten. Die 43 Meter freie Durchfahrthöhe reichen für mein neun Meter hohes Schiff.
Der ehemalige Kriegshafen der Schweden, Kalmar, reizt zwar mit hübschen Schlössern und Festungen, aber keine Zeit, muss noch weit. So bleibt es bei ein paar Fotos im Vorbeifahren.
Am Nachmittag frischt der Wind zwar wie versprochen auf, die Richtung bleibt leider immer noch SSW. So hat der Motor, als ich um 2000 Uhr in Bergkvara festmache, gut 7 ½ Stunden gearbeitet. Das macht etwa 4 Liter Diesel. Ob ich tanken muss?
15.06.2008 Sonntag
In Bergkvara gab es keine Toilette, kein Wasser, kein Strom. Also ging ich ohne eine Hafenabgabe um 0730 Uhr bereits raus. Um 1030 Uhr bin ich vor Kristianopel und entscheide mich für das Einlaufen und Einkaufen. Einfach zwischen den Festmachebojen durch und längseits an den Steg – das sieht der Hafenmeister nicht so gern. Als er aber hört, dass es nur ums Einkaufen geht, ist er zufrieden und erlaubt es mir für eine halbe Stunde. Mehr brauche ich tatsächlich nicht. Um 1130 Uhr bin ich bereits wieder unterwegs. Außer einem Laden hatte der Ort für mich nichts zu bieten. Zudem wird dieses "weiter, weiter Hauptsache unterwegs und in Bewegung sein", genau wie auf der Hinreise vor Göteborg zur Besessebheit.
Landschaftlich bietet dieser Küstenabschnitt nichts. Das liegt an seiner langweilig flachen Beschaffenheit und der Tatsache, dass man mit relativ großem Abstand daran entlang muss. Die vielen vorgelagerten Untiefen und Unterwasserfelsen erzwingen das. So gibt es heute auch keine Fotos.
Um 1530 Uhr ist die Landspitze geschafft. Nun beginnt eine wunderschöne Durchfahrt durch das Schärenfahrwasser mit halbem Wind bzw. raumschots. Um 1830 Uhr ist dann der Anker im Grund einer netten Bucht ganz in der Nähe von Karlskrona, wo ich morgen ein paar Dinge einkaufen will, die es wohl nur in größeren Städten gibt.
16.06.2008 Montag
Unter Motor nach Karlskrona. 25 L Diesel in den Tank gefüllt + 5 L im Reservekanister. Das müsste für 50 Stunden reichen. Am Hafen fällt mir eine „Baglady“ auf. Sie sitzt da, schaut sich das Getriebe rundum an und sortiert die gesammelten Pfanddosen. Zwischendurch fragt sie mich nach einer Zigarette. Sie hat ganz genau mitgekriegt, dass ich vom Boot komme und mehrfach an ihr vorbei, dahin zurückgekehrt bin. Als ich mich beim Müllsortieren etwas dumm anstelle, weist sie mir den richtigen Container. Das fand ich sehr hilfsbereit und freundlich, aus ihrer Situation heraus erstaunlich.
Karlskrona ist eine Mittelstadt, die einen sehr modernen Eindruck macht. Industrie und Büros prägen das Hafen- und Stadtbild. Seit 1680 Kriegshafen der damaligen Großmacht Schweden ist die Stadt auch heute noch ein wichtiger Marinestützpunkt.
Nach dem Ablegen komme ich gegen 1230 Uhr an der westlichen Brücke an. Der Hafenmeister hatte mir versichert, dass sie fernüberwacht sei und bei meiner Annäherung geöffnet würde. Das war dann nichts. Erst mussten die Segel runter, an der Brücke angelegt und ein Knopf gedrückt werden. Darauf ertönt eine mir unverständliche Ansage, die jedoch nach ein paar Minuten durch das typische Ping-ping der Straßenschranken unmissverständlich ergänzt wird. Bis ich die Segel auf der anderen Seite der Drehbrücke wieder stehen habe, ist es 1400 Uhr. Nun geht eine ware Höllenfahrt los. See 1,5 – 2 m hatte es geheißen und die sind es auch. In dieser See reffen – es muss ja sein. Die Vanya läuft hervorragend, durchschneidet die oberen Wellenkämme und stürzt sich freudig in das nächste Wellental. Doch ich brauche drei Reisetabletten, obwohl ich doch nach nahezu fünf Wochen einiges gewöhnt bin. Die Schiffe können das eben alle ab. Als ich bereits beschlossen habe, nach ca. 15 Meilen Schluss zu machen, wird der Wind etwas schwächer und die See ruhiger. Also weiter. Um 2100 Uhr sind die Leinen dann in Körvic fest. Körvic ist ein kleiner Hafen mit dahinter liegendem Campingplatz. Ein Container mit einer Toilette und einer Dusche, sowie eine Stegdose am Steg sind alles, was es hier gibt. Dafür wird auch keine Hafengebühr gefordert.
Ohne Essen ab ins Bett. Nur noch schlafen.
17.06.2008 Dienstag
0640 Aufstehen, 0800 Ablegen – das kennt man schon. 0815 bumsen, mal wieder an einen Felsen ist auch nicht neu. Das Mistding war doch nicht in der Karte verzeichnet!
Der Wind kommt schwach aus West. Um 0950 dreht er auf SW mit 10 Kn, da muss ich hin. 1010 Maschine an. 1100 Maschine aus. 1200 Maschine an. 1230 Maschine aus. Eine Schauerböe Stärke treibt mich voran bevor ich die Genua setzen kann. Nur das Groß reicht für 5,6 Kn. 1240 Böe zu Ende, Genua gesetzt.
So ging es praktisch den ganzen Tag weiter. Wirklich ein „arbeitsreicher“ Segeltag, bis um 1800 Uhr die Leinen in Brandevik fest sind. Auch Brandevik ist nur ein kleines Örtchen. Nicht mal ein Schild „Gasthamn“ befindet sich in der Einfahrt. Auch kein Ortschild mit Willkommen. Dafür finde ich wieder den Container mit Dusche auf der einen Seite und Toilette auf der anderen. Herz was willst du noch mehr. Der Ort selbst ist offensichtlich um den Hafen herum entstanden. Auch jetzt sind die Mehrzahl der Boote im Hafen Fischerboote. Auf einem kleinen Abendspaziergang entstehen hübsche Fotos.
Auch diese Krähe erwischte ich in Großaufnahme. Wahrscheinlich eine Nebelkrähe. Jedenfalls ist sie deutlich größer, als die hübschen schwarzen Stadtvögel, die hier statt Tauben umherschwirren und die mich bereits zu Anfang der Reise so beeindruckt hatten.
18.06.2008 Mittwoch
Heute geht es erst mal mit Motoren los. Ich lasse mich auch nicht durch zeitlichen seitlichen Windeinfall beirren. Der Wind kommt schwach aus Süd und ich muss erst mal 8 M nach Süden. Nach 2 Stunden ist es geschafft und das Halbwindsegeln mit Südwind kann beginnen. Leider ist der Wind sehr schwach. Gerade mal 6-8 Kn messe ich. Trotzdem läuft die Vanya mit 3,5 Kn Fahrt.
So zockeln wir an der Südküste Schonens entlang. Nach kurzer Zeit kommt bereits ein größere Stadt in Sicht. Das kann nur Ystadt sein. Wie ich später der Beschreibung im Hafenhandbuch entnehme, ist sie das auch.
Bis auf die berühmten „Berge“, 40 m hoch, ist Schonens Küste schlicht platt und entsprechend langweilig. Ab 1700 Uhr läuft dann wieder für 2 ½ Stunden der Motor. Ich habe keine Lust mehr auf ewiges Herumsitzen. Auch so wird es 1930 Uhr bis ich in Gislövs Hamn anlege. Jetzt ist der Hafen zur Hälfte von deutschen Booten belegt. Anmelden, einkaufen, Duschen Tagebuch und ins Bett. Nee das ist auch kein Leben. Morgen mache ich einen kürzeren Schlag.
19.06.2008 Donnerstag
Heute ist wieder so ein Tag. 0900 Ablegen, Rauschefahrt bei Wind aus Süd, teilweise SO ~ 4. Da sollte die Vanya in 6 ½ Stunden mit den 34 M bis zur Ecke bei Klints Holm durch sein. Ich gehe während dessen schlafen. Das kann das Schiff allein. Doch was ist mit Murphys´ Gesetz? Um drei Uhr geht es los. Bereits seit einer Weile ist zu beobachten, dass der Wind immer weiter auf West dreht. Jetzt wird die erste Wende nötig. Der Wind frischt auf. Wieder Wende. Von den fünf Knoten Fahrt bleiben beim Kreuzen nur 2,5 Knoten über Grund übrig. Also kurz vor dem Klint Motor an. Die Genua wird eingeholt. Keinen Moment zu früh. Ein Kracher von bestimmt 7 bft fegt übers Wasser und legt das Boot auf die Seite. Das hätte die Genua nicht vertragen. Nun geht das Gerumpel mit der Maschine los. Auch das Groß ist weg. Gegen Wind und Welle bleiben von den 4,5 Kn Marschfahrt, die der Motor sonst schafft, teilweise nur noch 1,5 Kn übrig. Da werden die letzten Meilen zu einer stundenlangen Quälerei. Leinen fest in Klingt Holm um 1945 Uhr.
Da ich den ganzen Tag geschlafen habe, nehme ich mir vor, die Kreidefelsen etwas zu verkleinern und den Kindern Bruchstücke davon mitzubringen. Rucksack gepackt und los geht’s. Es sind ja „nur“ sechs Kilometer. Auf der Hälfte der Strecke merke ich, dass ich mir zu viel vorgenommen habe. Also zurück. Morgen früh werde ich mir ein Fahrrad leihen. Dann komme ich halt einen Tag später zu Hause an. Warum ich blos nicht gleich auf die Idee gekommen bin! Na ja, auf diese Weise entdeckte ich diesen hübschen Vorgärten und muss gleich wieder an Mara denken.
20.06.2008 Freitag
Wegen Starkwind aus SW 6-7 + Schauerböen, See 1,5 – 2 m lege ich tatsächlich einen Hafentag ein. Fahrrad geliehen und ab nach Möns Klingt. Nun bin ich steinreich. Den Rest des Tages verbummele ich im Hafen. Segel reparieren, Deck streichen und auf günstigere Wetterberichte hoffen. Leider ist die Prognose für Morgen auch trübe. Auch die überlegte Variante Nördlich Falster durchzugehen ist nicht günstig. Nördlich Lolland müsste ich auf jeden Fall nach Westen. Bei der langfristigen Prognose nicht möglich.
21.06.2008 Samstag
Was für ein Krimi! Um 0640 Uhr meldet der Wetterbericht Wind aus SW-W 5-6 Schauer- und Gewitterböen, später leicht abnehmend. Weitere Aussichten bis Mitternacht: schwach umlaufende Winde. Also pack dir ein Herz und lauf aus. Aus der Box komme ich ja noch ganz gut raus, mit der Hilfe des Nachbarn. Doch dann ist der andere Nachbar dran. Vor lauter Angst, das mir die im Wasser schleppende Vorleine in die Schraube kommt, breche ich das Aufschießen zu früh ab. Zwar habe ich dann die Vorleine an Bord, aber das Heck des Nachbarn in der Backbordseite. Goot sei Dank ist weiter nichts passiert. Nun aus der Hafeneinfahrt raus. Der Wind steht genau drauf und in der Einfahrt hat sich eine gräuliche Kabbelsee aufgebaut. Mit 0,5 Kn Fahrt über Grund schafft der Motor es gerade eben, dass Boot aus dem Hafen zu bringen. Draußen empfangen mich gleich die 1,5 – 2 m hohen Wellen, die angesagt sind. Soll ich umkehren? Erst mal das Groß setzen. Das dauert geschlagene 15 Minuten. Soll ich doch wieder umkehren? Wenn die Fock dazukommt, läuft die Vanya sicher ruhiger. Also wieder nach vorn turnen. Achtung Welle, festhalten, jetzt Bändsel auf, festhalten, 2. Bändsel auf, festhalten, Lifebelt umhängen, festhalten, an den Mast springen, festhalten usw. Auch das dauert drei mal so lange, wie normal. Anschließend bin ich in Schweiß gebadet, aber die Segel stehen und die Vanya läuft, als wenn es ihr Spaß macht. In dem Rauf und Runter ist keine sichere Geschwindigkeitsangabe möglich. Auch das GPS pendelt zwischen 2,5 und 5 Kn. So bin ich denn überrascht und erfreut, dass nach einer Stunde bereits vier Meilen hinter mir liegen. Inzwischen habe ich mich auch mit der Schaukelei arrangiert, die zweite Reisetablette genommen und nicke auf der Leebank ein. Das Segeln macht die Vanya ganz alleine. In den folgenden 7 Stunden nehme ich die Pinne höchst selten einmal in die Hand. Vanya folgt dem Wind und der dreht günstig zunächst auf West, dann auf SW. Zum Schluss bin ich drei Meilen neben dem Kap von Gedser angelangt. Es ist 1800 Uhr hier aufzukreuzen, fehlt mir die sportliche Einstellung. Ich möchte auch mal früher im Hafen sein. Trotzdem braucht der Motor noch 1 ½ Stunden, um mich die restlichen 6 Meilen in die Box zu schieben.
22.06.2008 Sonntag
Kein Tag ohne ein kleines Abenteuer. Wegen des Wetterberichts laufe ich aus mit Reff im Groß und der Normalfock. Die Sturmfock ist in Bereitschaft. Die Windrichtung ist mit S zwar vorhersagegemäß, die Stärke aber nicht. Statt der angedrohten 5-6 sind es höchstens 3. So ist bald die Normalfock eingepackt und die Genua tut ihren Dienst. Leider nicht allzu lange. Gegen Mittag schläft der Wind total ein. In der anschließenden Windstille mit starker Dünung von vorne, macht der Motor mich mit einer neuen Eigenheit bekannt. Wenn er in der Welle keinen Spritnachschub bekommt, weil der Tankinhalt zu sehr hin und her schwabbt, macht die Drehzahl urplötzlich Pause. Der Motor stirbt fast ab. Also die Dieselreserve einfüllen, dann ist das Problem beseitigt. Am Nachmittag kommt der Wind wieder. Zwei Windstärken pusten mich nicht schnell aber stetig Richtung Großenbrode. Ein paar Gewitter ziehen links und rechts vorbei. Nichts für mich, denke ich. Zufällig schalte ich gegen 1700 Uhr den Seefunk ein. Da höre ich wie Delta Papa 07 meldet: „Und nun noch einmal die Windwarnung: Deutsche Ostseeküste östlich Fehmarn, schwere Gewitterböen mit Windstärken um 10 bft.“ Vor mir baut sich tatsächlich wieder so ein Wand auf. So schnell habe ich die Segel selten geborgen. Kaum fertig geht der Regen los, bei 0 bft Wind. Da kommt einem der alte Spruch in den Sinn: "Kommt der Regen vor dem Wind, reffe deine Segel geschwind, kommt der Wind vorm Regen, kann sich der Skipper schlafen legen." Na ja der Wind kam hier mal nicht. Dafür kommt das nächste Problem. Nach der Einfahrt Großenbrode will ich im Binnensee die Segel bergen und lasse wie immer den Motor dabei schon laufen. Gerade sind die Segel unten, da ist der Motor aus. Mein treuer Schluffen, wenn er lief, hatte ich doch bisher nie Probleme! Nach einigem Überlegen, mit Segel einlaufen, doch noch mal Probieren laufe ich dann fast normal ein. Nur darauf achten, dass der Motor nicht in Leerlaufdrehzahl gerät. Das bringt mich auf die Abhilfemöglichkeit. Die Leerlaufdrehzahl ist zu gering eingestellt. Nun ist sie höher. Schaun wir morgen mal, ob es funktioniert.
22.06.2008 Mo
Mara und Delta Papa 07 sind sich einig: Wind aus West - prima - Stärke 7-8 - Schade. See 1,5-2 m - nicht für mich. Ich rolle mich in der Koje ein. Gegen Mittag überlege ich, doch auszulaufen. Am Nachmittag soll der Wind nachlassen. "Nur" noch 7 bft, Böen 8. Probehalber rüber in den Werfthafen um Diesel zu bunkern. In den Boxen liegen hier die dicken Bavarias auf der Seite, weil der Wind gegen die nackten Masten drückt. Und ich soll rausfahren und noch Segel hochziehen? Ich gehe erst mal auf die Strandpromenade und genehmige mir ein leckeres Mal in einem kleinen Kaffe. Dabei kann ich auf das Meer schauen und bemerke, dass die Zahl der Schaumkronen abnimmt. Zurück zum Boot und auslaufen. Um 1800 Uhr verlasse ich den Hafen. Fast schafft der Motor es nicht, gegen den Wind aus der Einfahrt hinaus. Doch als die Segel stehen, dicht unter Land ohne die angesagte Welle, läuft das Schiff wieder. Um 2000 Uhr ist der Schwarze Grund erreicht. Der Wind hat weiter nachgelassen. Unter Normalfock geht es Richtung Lübeck - Travemünde. Laut Computer soll die Einfahrt gegen 2330 Uhr erreicht werden. Tatsächlich komme ich fahrplanmäßig an. Schon seit einer Weile ist die Dreifarbenlaterne im Masttop eingeschaltet. Nun soll der Motor fürs Einlaufen gestartet werden. Schlüssel gedreht - es tut sich nichts. Auch die Lampe im dem Masttop ist inzwischen aus. Absolut kein Saft mehr! So laufe ich in finsterer Nacht unter Segel in den Travemünder Hafen ein. Lediglich die mich verfolgenden Fähren der Scanline, der Finnline und die Trelleborger Fähre stören ein bisschen. Vielleicht würde es ja helfen, wenn die mich sehen könnten?. So reiht sich ein etwas hektisches Manöver ans andere. Schließlich erreiche ich aber doch einen Steg mit Steckdose zum Laden der Batterie. Nun stellt sich auch heraus, dass nicht die Batterie alle war, sondern der Schalter in falscher Stellung. Um 0230 bin ich endlich in der Falle. Gegen fünf Uhr passieren nacheinander fünf (!) Fähren meinen Liegeplatz. Jede mit der ihr eigenen Geräuschkulisse und dem entsprechenden Schwell. 10 Sekunden lang geht es aufwärts und das Boot ruckt in die Vorspring. Dann geht es in der Bugwelle des Dickschiffs ebenso lange abwärts, während das Boot in der Achterspring hängt. Ausatmen, geschafft!? Flötepiepen, da kommt die nächste Fähre.
23.06.2008 Di
Um 0630 bin ich wieder auf den Beinen. Eine Stunde später sind die Leinen los. Nicht das noch ein Hafenmeister kommt und für die paar Stunden eine Liegegebühr haben will. Ohne Wind übernimmt der Motor die Strecke die Trave hinauf. Um 0930 laufe ich in die Box am Stau ein. Festmacher einrichten Boxenleine scheren, Klamotten sortieren und packen, Rost klopfen und streichen - Ingfried steht planmäßig um 1500 Uhr da und läd mich ein.
Genau sechs Wochen sind um. Eine wunderschöne ereignisreiche Reise mit ca 1200 SM liegt hinter mir. Das Wetter war überwiegend freundlich. Lediglich an drei Tagen hatte ich einzelne Schauer Regen "abzuwettern". Auch habe ich mich kaum mit mir gestritten. Trotzdem möchte ich so etwas nicht noch einmal allein machen. Da fehlt einfach die zweite Person, um die herrlichen Ansichten und Begebenheiten noch besser zu würdigen.